KLASSIFIZIERUNG VON SCHMERZEN

Klassifizierung von Schmerzen

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Klassifizierung

Aufgrund der Heterogenität von Schmerz hinsichtlich seiner Dauer, anatomischen Lage, Ätiologie, Intensität und Pathophysiologie gibt es viele Möglichkeiten, ihn zu klassifizieren.1 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

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Kombination von Klassifikationen

Da Schmerz komplex und facettenreich ist, ist es zur genauen Beurteilung der Schmerzen eines Patienten oft notwendig, verschiedene Klassifikationen zu kombinieren.2 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

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Primär vs. sekundär

2019 wurde eine Schmerzklassifikation entwickelt, die die Unterscheidung zwischen chronischen Primär- und chronischen Sekundärschmerzen anerkennt.3 International Association for the Study of Pain (IASP). Chronic pain has arrived in the ICD-11. News bulletin. 2019. Available at: https://www.iasp-pain.org/PublicationsNews/NewsDetail.aspx?ItemNumber=8340&navItemNumber=643.Letzter Zugriff Juni 2022.

Schmerzklassifikationen

Schmerzklassifikationen sind nützliche Instrumente bei der Beurteilung und Diagnose von Patienten mit Schmerzen. Auf der Suche nach dem am besten geeigneten Behandlungsplan können diese zudem für Angehörige der Gesundheitsberufe eine Hilfestellung für die klinische Entscheidungsfindung sein.4 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

Schmerz wird überwiegend nach der Dauer definiert (siehe Abschnitt «Einteilung nach Dauer»), kann jedoch darüber hinaus nach anatomischer Lage, Ätiologie, Intensität und Pathophysiologie klassifiziert werden. Um die Schmerzen eines Patienten zu bewerten, ist es oft nötig, mehrere Schmerzklassifikationen zu kombinieren.5 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese verschiedenen Klassifikationen eindimensional sind. Zur Gewährleistung einer optimalen Versorgung mit einer umfassenden Beurteilung und einem multimodalen Behandlungsansatz müssen möglicherweise mehrere Schmerzklassifikationen gleichzeitig berücksichtigt werden.6 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

  • Klassifikation nach Ätiologie

    Die ätiologische Schmerzklassifikation zielt darauf ab, die Ursache des Schmerzes zu bestimmen. Man kann sie grob in Tumor- und Nichttumorschmerz unterteilen.7 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. Traditionell hat man mit einer Krebserkrankung verbundene chronische Schmerzen aufgrund ihrer komplizierten Ätiologie und der häufig verwendeten aggressiveren Behandlungsansätze als eigenständige Einheit betrachtet.8 Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med. 2016;128(5):502–15. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass sich die neuronalen Mechanismen, die Tumorschmerzen zugrunde liegen, von anderen chronischen Schmerzzuständen unterscheiden.9 Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med. 2016;128(5):502–15. Weitere kausale Faktoren für Schmerzen sind akute Verletzungen, Grunderkrankungen oder -zustände sowie die mit diesen Verletzungen oder Zuständen verbundenen Behandlungen, zum Beispiel Operationen.10 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

  • Klassifikation nach Pathophysiologie

    Schmerzen können je nach Art der Verletzung/Schädigung und dem pathophysiologischen Weg, der zur Wahrnehmung von Schmerzen führt, als nozizeptiv, neuropathisch oder – dies nur bei chronischen Schmerzen – als zentrale Sensibilisierung eingestuft werden.11 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. ,12 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

  • Klassifizierung nach anatomischer Lage

    Mittels anatomischer Schmerzklassifikation bestimmt man, an welchen Körperteilen der Patient Schmerzen hat.13 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. Dies ist oft der erste Schritt bei der Schmerzbeurteilung.14 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. Somatischer Schmerz ist spezifisch für den Ort der Verletzung und entsteht durch Schmerzrezeptoren, die in Knochen, Muskeln, Haut, Gelenken, Bändern, Sehnen und Bindegewebe aktiviert sind.15 Murphy P. Somatic Pain. In: Schmidt R & Willis W (eds). Encyclopedia of Pain. Heidelberg, Germany: Springer, 2007:2190–1. Im Gegensatz dazu treten viszerale Schmerzen in inneren Organen auf. Die mit einer inneren Verletzung verbundenen Schmerzen sind allerdings aufgrund der geringen Nozizeptorendichte in den Eingeweiden und der Tatsache, dass afferente Fasern bei der kortikalen Kartierung weniger gut vertreten sind, schwer zu lokalisieren.16 Steeds CE. The anatomy and physiology of pain. Surgery. 2016;34(2):55–9. Ohne Berücksichtigung akuter Schmerzzustände sind laut einer europäischen Umfrage die häufigsten Stellen chronischer Schmerzen der Rücken und die Gelenke, dicht gefolgt von Nacken und Kopf.17 Breivik H, et al. The individual and societal burden of chronic pain in Europe: the case for strategic prioritisation and action to improve knowledge and availability of appropriate care. BMC Public Health. 2013;13:1229.

  • Klassifikation nach Intensität

    Die Schmerzintensität ist definiert als das Ausmass des erlebten Schmerzes.18 Cook KF, et al. Pain assessment using the NIH Toolbox. Neurology. 2013; 80(Suppl. 3):S49–53. Es gibt verschiedene Tools, mit denen sie gemessen werden kann: die visuelle Analogskala, die verbale Bewertungsskala, die numerische Bewertungsskala und die grafische Skala.19 Cook KF, et al. Pain assessment using the NIH Toolbox. Neurology. 2013; 80(Suppl. 3):S49–53.,20 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. Bei diesen Methoden misst der Patient die Stärke seines Schmerzes subjektiv anhand numerischer oder verbaler Deskriptoren.21 Cook KF, et al. Pain assessment using the NIH Toolbox. Neurology. 2013; 80(Suppl. 3):S49–53. Es gibt auch Messverfahren wie die FLACC-Schmerzskala, mit der Schmerzen bei Patienten bewertet werden können, die diese selbst nicht kommunizieren können. Betrachtet werden hier die Kriterien Gesicht, Beine, Aktivität, Weinen, Tröstbarkeit (Face, Legs, Activity, Cry, Consolability).22 Face, Legs, Activity, Cry, Consolability (FLACC) pain scale. Available at:https://wps.prenhall.com/wps/media/objects/3103/3178396/tools/flacc.pdf. Letzter Zugriff Juni 2022.

  • Klassifikation nach Dauer

    Schmerzen können als akut oder chronisch beschrieben werden, abhängig davon, wie lange sie bei einem Patienten anhalten.23 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

    Akute Schmerzen sind kurzfristig und klingen innerhalb von drei bis sechs Monaten ab. Sie sind eine Reaktion des Körpers auf eine spezifische Verletzung oder ein bestimmtes Trauma und dienen einem biologischen Zweck.24 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. Das wichtigste Merkmal akuter Schmerzen ist, dass sie selbstlimitierend sind;25 Grichnik KP & Ferrante FM. The difference between acute and chronic pain. Mt Sinai J Med.1991;58(3):217–20. im Verlauf der Heilung oder Reparatur des Gewebes verschwinden sie.26 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.

    In manchen Fällen können jedoch aus akuten chronische Schmerzen werden. Diese sind als Schmerzen definiert, die länger als drei Monate andauern. Eine Dauer jenseits der normalen Heilungszeit dient keinem biologischen Zweck.27 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.,28 Grichnik KP & Ferrante FM. The difference between acute and chronic pain. Mt Sinai J Med.1991;58(3):217–20.,29 International Classification of Diseases 11th edition (ICD-11). World Health Organization (WHO). MG30 Chronic pain. Available at:https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/1581976053. Letzter Zugriff Juni 2022.

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Quellenangaben

  • Breivik H, et al. The individual and societal burden of chronic pain in Europe: the case for strategic prioritisation and action to improve knowledge and availability of appropriate care. BMC Public Health. 2013;13:1229.
  • Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.
  • Cook KF, et al. Pain assessment using the NIH Toolbox. Neurology. 2013; 80(Suppl. 3):S49–53.
  • Face, Legs, Activity, Cry, Consolability (FLACC) pain scale. Available at: https://wps.prenhall.com/wps/media/objects/3103/3178396/tools/flacc.pdf. Letzter Zugriff Juni 2022.
  • Grichnik KP & Ferrante FM. The difference between acute and chronic pain. Mt Sinai J Med.1991;58(3):217–20. International Association for the Study of Pain (IASP). Chronic pain has arrived in the ICD-11. News bulletin. 2019. Available at: https://www.iasp-pain.org/PublicationsNews/NewsDetail.aspx?ItemNumber=8340&navItemNumber=643. Letzter Zugriff Juni 2022.
  • International Association for the Study of Pain (IASP). IASP Terminology. 2017. Available at: https://www.iasp-pain.org/Education/Content.aspx?ItemNumber=1698&navItemNumber=576. Letzter Zugriff Juni 2022.
  • International Classification of Diseases 11th edition (ICD-11). World Health Organization (WHO). MG30 Chronic pain. Available at: https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/1581976053. Letzter Zugriff Juni 2022.
  • Murphy P. Somatic Pain. In: Schmidt R & Willis W (eds). Encyclopedia of Pain. Heidelberg, Germany: Springer, 2007:2190–1.
  • Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.
  • Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med.2016;128(5):502–15.
  • Steeds CE. The anatomy and physiology of pain. Surgery. 2016;34(2):55–9.
  • Treede RD, et al. Chronic pain as a symptom or a disease: the IASP Classification of Chronic Pain for the International Classification of Diseases (ICD-11). Pain. 2019;160:19–27.

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