PATHOPHYSIOLOGIE SCHMERZ

Pathophysiologie Schmerz

Icons_1er_06_Patho-300x254
Schmerzmechanismus

Schmerz kann als nozizeptiv, neuropathisch und/oder zentrale Sensibilisierung definiert werden. Letztere kann mit Änderungen der Neuroplastizität verbunden sein.1 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.

Icons_1er_07_Patho-300x254
Chronifizierung

Die Schmerzchronifizierung beschreibt den Übergang von der physiologischen Reaktion des akuten Schmerzes zum zentral sensibilisierten Zustand des chronischen Schmerzes, dem Veränderungen der Neuroplastizität zugrunde liegen.2 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.

Icons_1er_08_Patho-300x254
Biologische Faktoren + Schmerzverarbeitung

Man nimmt an, dass die Chronifizierung mit biologischen Faktoren wie neuroplastischen Veränderungen und Veränderungen der Schmerzmodulation verknüpft ist sowie mit der Art und Weise, wie das Gehirn Schmerzen verarbeitet.3 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.

Schmerzmechanismen

Die Entwicklung und das Fortbestehen von Schmerzen führt man üblicherweise auf drei Mechanismen in der Schmerzpathophysiologie zurück: Nozizeption, Neuropathie und zentrale Sensibilisierung. Sie können unabhängig voneinander oder in Kombination auftreten (Abbildung).4 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.,5 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.

  • Nozizeptiver Schmerz

    Nozizeptive Schmerzen entstehen typischerweise durch Gewebeschäden aufgrund eines Traumas, nicht heilender Verletzungen oder entzündlicher Prozesse. Man unterteilt sie in zwei Kategorien: somatische Schmerzen (Verletzungen des Bewegungsapparats) und viszerale Schmerzen (Verletzungen der inneren Organe; hier wird der Schmerz oft indirekt empfunden).6 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.,7 Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med.2016;128(5):502–15.,8 Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18. In Reaktion auf tatsächlich oder potenziell schädliche chemische, mechanische oder thermische Reize übertragen die beiden Arten der primären afferenten Nozizeptoren, Aδ- und C-Fasern, Nervensignale an das Hinterhorn des Rückenmarks und aufsteigende kortikale Bahnen zum Gehirn.9 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. Wenn die Schmerzschwelle für normale Gewebeschäden überschritten wird, steigt die periphere Empfindlichkeit gegenüber nachfolgenden Reizen.10 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. Während die Sensibilisierung nur vorübergehend ist, wenn nachfolgende Stimuli von kurzer Dauer sind, können das kontinuierliche Vorhandensein von Stimuli und die daraus resultierende Sensibilisierung zu Veränderungen der peripheren Nerven und des
    Zentralnervensystems führen.11 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.

  • Neuropathischer Schmerz

    Neuropathische Schmerzen werden durch Läsionen oder Krankheiten verursacht, die das somatosensorische Nervensystem betreffen.12 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. Ein weiterer Auslöser sind Verletzungen oder Traumata während einer Operation.13 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. Nach einer Nervenverletzung oder -schädigung kann es zu einer gestörten neuralen Verarbeitung im peripheren oder zentralen Nervensystem sowie zum Zelltod kommen.14 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med. 2019;131(3):185–98. Solche Veränderungen können zu abnormalen Schmerzempfindungen führen.15 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.

  • Zentrale Sensibilisierung

    Eine zentrale Sensibilisierung (auch als noziplastischer Schmerz, sensorische Überempfindlichkeit oder zentrale Überempfindlichkeit bekannt) manifestiert sich in der Wahrnehmung von Schmerz ohne Aktivierung von Schmerzrezeptoren.16 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.,17 Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med.2016;128(5):502–15. Infolge der neuronalen Remodellierung, die der zentralen Sensibilisierung zugrunde liegt, wird die Empfindlichkeit afferenter Nervenfasern erhöht, so dass ein normalerweise als harmlos empfundener Stimulus eine Schmerzreaktion bewirkt.18 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90 Dieses Phänomen wird durch Hunderte von molekularen Veränderungen ausgelöst.19 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.

Abbildung: Drei Arten der Schmerzpathophysiologie liegen chronischen Schmerzzuständen zugrunde.

Adaptiert nach Stanos S, et al. Postgrad Med. 2016;128(5):502–15.20 Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med.2016;128(5):502–15.

  • (A) Die drei Haupttypen der Schmerzpathophysiologie liegen chronischen Schmerzzuständen zugrunde.
  • (B) Diese Arten von Schmerzen können separat auftreten oder in Kombination zur allgemeinen Schmerzerfahrung beitragen.

pDPN: schmerzhafte diabetische periphere Neuropathie; PHN: postherpetische Neuralgie.

Schmerzchronifizierung

Die Chronifizierung von Schmerzen, also der Übergang von akuten zu chronischen Schmerzen aufgrund von Veränderungen der Neuroplastizität, wird nicht vollständig verstanden.21 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs. 2014;15(1):380–90. Möglicherweise können chronische Schmerzen irreversible pathophysiologische Veränderungen mit sich bringen. Daher sind das Verständnis der Ereigniskaskade während der Entwicklung chronischer Schmerzen und deren Unterbrechung der Schlüssel für ein wirksames Management.22 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.

Aus neueren Schmerzmodellen geht hervor, dass mehrere miteinander in Wechselwirkung stehende Faktoren, die über die anfänglichen Schmerzauslöser hinausgehen, zur Entwicklung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen beitragen.23 Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98. Zu den biologischen Faktoren gehören neuroplastische Veränderungen, veränderte Schmerzmodulation und Veränderungen der Art und Weise, wie das Gehirn Schmerzen verarbeitet (auch als Neuromatrix bezeichnet).24 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs. 2014;15(1):380–90. Veränderungen in der Neuromatrix sind durch eine erhöhte Gehirnaktivität in Bereichen, die akuten Schmerz verarbeiten, gekennzeichnet, sowie durch eine Gehirnaktivität in Bereichen, von denen nicht bekannt ist, dass sie mit der Verarbeitung akuter Schmerzsignale assoziiert sind.25 Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.
Darüber hinaus sind psychologische Risikofaktoren ein wichtiger Gesichtspunkt. Negative affektive Konstrukte wie Angstzustände, Depressionen, Katastrophisierung von Schmerzen und allgemeine psychische Belastungen wurden bei einigen chronischen Schmerzzuständen wie chronischen postoperativen Schmerzen durchwegs als Risikofaktoren identifiziert.26 Weinrib AZ, et al. The psychology of chronic post-surgical pain: new frontiers in risk factor identification, prevention and management. Br J Pain. 2017;11(4):169–77.

Testen Sie Ihr Wissen zu diesem Kapitel.
Quiz starten

Quellenangaben

  • Clauw DJ, et al. Reframing chronic pain as a disease, not a symptom: rationale and implications for pain management. Postgrad Med.2019;131(3):185–98.
  • Pergolizzi JV Jr, et al. Treating acute pain in light of the chronification of pain. Pain Manag Nurs.2014;15(1):380–90.
  • Godfrey H. Understanding pain, part 1: physiology of pain. Br J Nurs. 2005;14(16):846-52.
  • Stanos S, et al. Rethinking chronic pain in a primary care setting. Postgrad Med.2016;128(5):502–15.
  • Orr PM, et al. The Role of Pain Classification Systems in Pain Management. Crit Care Nurs Clin N Am. 2017;29:407–18.
  • Weinrib AZ, et al. The psychology of chronic post-surgical pain: new frontiers in risk factor identification, prevention and management. Br J Pain. 2017;11(4):169–77.

Fachpersonen können bei Grünenthal Pharma AG eine vollständige Kopie der zitierten Referenzen anfordern.

M-N/A-CH-06-22-0004

Kontakt

Felder mit einem * sind Pflichtfelder